Die Strategie vom Wolf im Schafspelz

Schon seit einer ganzen Weile ist die wahlweise auch unter dem Twitter-Account @wahlweisheiten aktiv. Über den Microbloggingdienst wollen wir verschiedene Infos zur den landesweiten Wahlen 2011 bündeln, sammeln, weiterreichen und retweeten. Der bisherige 140-Zeichen-Wahlkampf in unserem Bundesland ist noch überschaubar, doch der Hashtag #ltwmv hat sich bereits fest als kollektives Erkennungszeichen des digitalen Austausches etabliert. Wir sind gespannt, was uns noch in den kommenden Wochen an Tweets und Meldungen erwartet.

NPD-Demonstration (Quelle: jugendfotos.de/Fabian Engel)
So agressiv wie auf dieser Demo treten Neonazis im Internet nicht immer auf. (Quelle: jugendfotos.de/Fabian Engel)

Was uns aber bereits jetzt erschreckt, ist der erstaunlich aktive Internetwahlkampf von Seiten der NPD Mecklenburg-Vorpommern – was sie so wahrscheinlich nicht nennen würden, sondern wohl eher als „wunderbare Möglichkeit“ bezeichnen, die NPD-Positionen unzensiert im „Weltnetz“ darzustellen. Die „volkstreue Opposition aus Mecklenburg und Pommern“ macht das schon länger ganz ungeniert unter dem Account @NPD_MV. Dass hier hetzerische und rechtsextreme Parolen mit Links auf die „Heimseiten“ der Nationaldemokraten führen, ist nicht überraschend und nicht neu.

Neu ist dagegen folgendes: Unter den beiden noch relativ frisch eingerichtenen Accounts @Landtag2011 und @wahl_mv werden regelmäßig neue Statusmeldungen getwittert. Wer aufgrund der unscheinbaren Profilnamen erwartet, hier eine ausgewogene Mischung verschiedener Couleur zu bekommen, wird enttäuscht – abgesehen einiger unbedeutender Meldungen („Heute sind es noch 30 Tage zur #Wahl in MV.“) gehört der Großteil klar ins Lager der rechtsextremen Partei.

Eine kleine Auswahl an Beispielen:

Zehn Gründe, warum man #NPD wählen sollte

Alle Fraktionen im Schweriner Landtag kassieren illegale Fraktionszulagen – nur die #NPD nicht

Demokratie-Abschaffer fordern Verbot der #NPD. Zum gefühlten tausendsten Mal. #Wahl2011

Auf den ersten Blick ist der rechte Bezug nur schwer zu erkennen: Kein NPD-Logo, keine genauen Hinweise auf die Verfasser. Stattdessen wird nur fadenscheinig „Interessantes zu den kommenden Landtagswahlen“ versprochen. Erst beim zweiten Hinschauen wird der Hintergrund klar: Die Links führen direkt auf NPD-Seiten wie den YouTube-Kanal „weiterdenken.tv“ oder auf bekannte Informationsportale der rechten Szene wie „mupinfo“ oder auch „Kompakt-Nachrichten“. Der Tenor, der dabei rüberkommen soll, ist klar: Die Männer von der NPD, das sind die Guten. Die anderen aber sind die Bösen.
„Landtag2011“ ist sogar ein überregionaler Verbreiter für braun gefärbte Neuigkeiten, denn auch die vergangenen Landtagswahlen von Sachsen-Anhalt und Bremen spielen in vielen Tweets eine Rolle. In mehreren Antworten an andere Nutzer verteidigt der Account seine tendenziöse Themenauswahl:

@linkerbrb Wir betreiben ausgleichende Gerechtigkeit für die mangelnde Presse- und Meinungsfreiheit in der „Demokratie“ Deutschland.

@PMDHamburg Leider beschränken sich die Medien ja größtenteils darauf, nur 5 Parteien zu nennen, evtl. noch FW und PIR. Wir ergänzen das.

In der NPD wiederholt man das Argument der mangelnden Meinungsfreiheit nur zu gerne, sodass es schon wie ein Sprung in einer Platte wirkt. Das hat Methode: Man inszeniert sich als „Opfer der Altparteien“, und nutzt diese Inszenierung, um als Stimme anderer Opfer zu gelten, die von der Gesellschaft abgehängt wurden. Der Irrsinn liegt darin, dass hier diejenigen die Rechte der Demokratie für sich einfordern, die die parlamentarische Demokratie selbst am liebsten abschaffen würden.

Die Verweise auf NPD-Inhalte und das gezielte Bashing der demokratischen Parteien sind schlichtweg zu offensichtlich, um hier von Zufall zu sprechen. Dahinter stecken rechte Sympathisanten und der Verdacht, dass die NPD diese Accounts nicht nur prima findet, sondern vielleicht sogar selbst steuert, ist naheliegend. Die Tweets offenbaren die Strategie, die in der Offline-Welt schon lange von den Neonazis praktiziert wird: Sich unter einem bürgerlichen Mantel zu verstecken, um Otto Normalwähler nicht mit dem Stereotyp des gewaltbereiten Glatzkopfs abzuschrecken.
Nach diesem Schema präsentiert sich ein Udo Pastörs gern auch in dem aktuellen Wahlkampfspot seiner Partei: Der starke und selbstbewusste Kapitän, der am Ruder steht und den „richtigen Kurs“ kennt. Doch hinter dem netten Segelausflug steckt eine menschenverachtende Ideologie, genährt von Hass und Intoleranz, die unerschrocken populistisch Ängste schürt vor einer vermeintlichen „Fremdarbeiterinvasion“. Davon sollte man sich – auch wenn die Tweets noch so unscheinbar wirken – nicht ins Boot holen lassen.

Linkempfehlungen
Endstation Rechts
Kein Ort für Neonazis
Netz gegen Nazis
NPD-Blog.info

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