Interview: „Es ist zwar ganz cool gegen etwas zu sein, aber erfüllender ist es doch, für eine Sache zu streiten.“

Der Nächste in unserer Interviewreihe mit Jungpolitiker*innen in Mecklenburg-Vorpommern ist Phillip Bock (24) . Er ist Landtagskandidat der Partei DIE LINKE im Wahlkreis 7 – Rostock IV.

Beschreibe deine Partei in drei Stichworten:
solidarisch, unbestechlich, antifaschistisch.

Was hat dich als jungen Menschen dazu motiviert oder beeinflusst in die Politik zu gehen?
Im Jahr 2013 hat die NPD im Rahmen ihres Bundestagswahlkampfes zahlreiche Kundgebungen in Rostock veranstaltet. Für mich war es selbstverständlich, dagegen zu demonstrieren und zu zeigen, dass Rostock eine weltoffene und tolerante Stadt ist. Im Anschluss an diese Demos dachte ich mir dann, dass es zwar ganz cool ist gegen etwas zu sein, aber es doch erfüllender ist, für eine Sache zu streiten. So kam es, dass ich mich ein wenig intensiver mit den Forderungen und Positionen der Linkspartei auseinandergesetzt habe und feststellte, dass diese sich größtenteils mit meinen eigenen Vorstellungen deckten. Das machte die Entscheidung für DIE LINKE natürlich deutlich einfacher.

Wie stehst du zum Wahlalter (wählen ab 16)?
Meine Partei und ich fordern, das Wahlalter auf 16 Jahre abzusenken. In unseren Augen ist es selbstverständlich, dass Jugendliche die Leute wählen können, die sie in der Landespolitik vertreten sollen. Denn Jugendpolitik ist eben nicht nur Politik für Jugendliche, sondern wird vor allem von und mit ihnen gestaltet. Darüber hinaus ist das Wahlrecht ab 16 auch ein Zeichen an die Jugendlichen, dass sie und ihre Probleme von der Politik ernst genommen werden. Dabei zeigt ein Blick auf die kommunale Ebene, auf der Jugendliche ab 16 Jahren wählen dürfen, dass sie mit diesem hohen Gut sehr verantwortungsvoll umgehen.

Was glaubst du, hilft Jugendlichen und jungen Erwachsenen, damit sie in M-V eine gute Zukunft haben können?
Dazu bedarf es in meinen Augen drei wesentlicher Faktoren. Der erste ist die Aussicht auf eine gute Ausbildung. Dafür fordert meine Partei unter anderem, den Erhalt der Berufsschulstandorte im Land und die Schaffung von „Berufsschulen im ländlichen Raum“, die auch mit einer Anzahl von ca. 500 Schülerinnen und Schülern arbeiten dürfen. Weitere wichtige Punkte sind die Forderungen nach einer kostenlosen Beförderung zu den Berufsschulen und den Ausbildungsbetrieben, sowie nach einer Mindestausbildungsvergütung.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Perspektive auf eine gute Arbeit. Darunter verstehen wir, dass der Job unbefristet und gut bezahlt ist. Wir fordern verbesserte Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sowie eine bessere Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf. Des Weiteren setzen wir uns dafür ein, dass traditionelle Rollenbilder aufgebrochen werden, denn wer sagt, dass eine Frau nicht eine gute KFZ-Mechatronikerin und ein Mann kein guter Kindergärtner sein kann. Daran angelehnt ist es für uns selbstverständlich, dass Männer und Frauen für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn erhalten, dafür werden wir auch in Zukunft streiten.
Zu guter Letzt ist die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für viele Menschen ein wichtiger Faktor bei der Suche nach dem passenden Wohnort. Wir wollen, dass auch ländliche Räume weiterhin lebens- und liebenswürdig bleiben. Dazu gehört unter anderem die Anbindung an den Personennahverkehr, der Erhalt von medizinischer Infrastruktur, aber auch die Möglichkeit der Freizeitgestaltung.

Welche Verbesserungsideen hast du für das Bildungssystem in MV?
Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern eine sehr hohe Anzahl an Schulabbrecherinnen und -abbrechern. Doch woran liegt das? Am ehesten motiviert und begeistert man Schülerinnen und Schüler, indem man selber begeistert ist. Doch dazu haben viele Lehrkräfte im Land nur wenig Grund. Zu große Klassen, zu viele Stunden und eine Ausbildung, die nur mangelhaft auf den Schulalltag vorbereitet sind die Gründe. Dagegen möchten wir vorgehen. Deshalb fordern meine Partei und ich, dass die Anzahl an Wochenstunden für Lehrkräfte gesenkt werden. Eine weitere Möglichkeit, die wir sehen, ist die Schaffung eines Vertretungsstundenbudgets für alle Lehrkräfte. Auf diese Weise können Stundenausfälle, ohne eine Mehrbelastung für die Lehrerinnen und Lehrer, kurzfristig kompensiert werden. Darüber hinaus ist es wichtig, die Lehramtsausbildung an den Hochschulen im Land zu überarbeiten. Frühere und intensivere Kontakte zu Schulen, z.B. in Form eines Praxissemesters, vermitteln den Studierenden schon im Studium ein differenziertes Bild vom Schulalltag. Dies ermöglicht schon früh zu hinterfragen, ob die Vorstellungen vom Berufswunsch auch der Realität entsprechen.
Der zweite wichtige Aspekt, neben der Lehrkräftemotivation, sind Beteiligungs- und Mitentscheidungsrechte der Schülerinnen und Schüler. Ihre Stimmen sollen gehört werden, wenn es zum Beispiel um die Umgestaltung des Schulgeländes oder die Erstellung des Ganztagsangebotes geht. So lässt sich auch langfristig eine Bindung an die Schule organisieren.

Was möchtest du den jungen Leuten sagen, um sie zum Wählen zu motivieren?
Gerade am Beispiel der Brexit-Abstimmung in Großbritannien hat man gesehen, was es bedeutet, wenn man selber nicht wählen geht: andere bestimmen über die eigene Zukunft und treffen im Zweifel Entscheidungen, deren Konsequenzen man gar nicht mittragen will. Aus diesem Grund ist es wichtig wählen zu gehen, denn es ist deine Zukunft und über diese solltest nur du selbst entscheiden.

 

Interview geführt von Lore Bellmann
Pressefoto Phillip Bock: DIE LINKE MV.

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